THE HIGH COST OF LIVING mit Isabelle Blais | Film 2010 | Kritik

Ein Mann fährt eine Frau an. Schlimme Sache, aber kann passieren. Der Mann ist Drogendealer und begeht Fahrerflucht, die Frau ist schwanger und verliert ihr Baby. Grauenvoll, passiert leider trotzdem. Der Mann ist der Held des Films, hilft der Frau über ihre Trauer hinweg, ohne ihr seine Schuld zu gestehen, und weckt nebenbei das Mitgefühl seines Publikums. Interessanter Versuch – doch das passiert nicht. Nicht einmal, wenn dieser Mann der rehäugige Zach »JD« Braff ( Scrubs ) ist und er in The High Cost of Living ein wirklich, wirklich schlechtes Gewissen hat.

Der lange Weg zur Erlösung

  • Regie & Drehboch: Deborah Chow
  • Kamera: Claudine Sauvé
  • Laufzeit: ca. 92 Min.

The High Cost Of Living ist weit entfernt von jeglichem komödiantischen Ansatz. Die Zuschauer*innen sehen sich mit dem Ernst des Lebens und einer üblen Tragödie konfrontiert – da kann Zach Braff noch so lammfromm dreinschauen: Er ist der Buh-Mann, wird nicht einmal zum asozialen Antihelden stilisiert, dessen Abartigkeit uns fasziniert und auf seine Seite schlägt, sondern bleibt ein Mensch, den wir verachten . Und das soll der Held sein?

Statt Genugtuung ’ne Kopfnuss

Es kann nicht funktionieren, die kanadische Filmemacherin Deborah Chow (die unter anderem eine Folge der Serie Better Call Saul inszeniert hat) versucht es in ihrem Spielfilmdebüt trotzdem und scheitert – scheinbar. Die Frage ist: Ab wann hat ein Film sein Soll erfüllt? Unsere Sehgewohnheiten gaukeln uns vor, stets eine Identifikationsfigur finden zu müssen, um unsere Aufmerksamkeit binden zu können. Hier haben wir die Auswahl zwischen Opfer und Arschloch, zwei Figuren in einer schmerzhaft realistischen Geschichte. Wenn wir ihrem Handeln und Tun folgen, müssen wir uns eingestehen, dass sie zutiefst nachvollziehbar handeln.

Dennoch bleibt eine ungemütliche Distanz, die mit jeder Gelegenheit zum Schuldeingeständnis, die Zach Braff verpasst, beziehungsweise links liegen lässt, wächst. Einerseits ist da der Wunsch nach Genugtuung für die traumatisierte, am Boden zerstörte Frau (gespielt von Isabelle Blais), andererseits die Erkenntnis, dass diese Frau, umgeben von unfähigen Männern, besagte Genugtuung nicht bekommen kann – allenfalls in einem unbefriedigenden Ende, das dann, so wahrscheinlich es wiederum sein mag, das Publikum geradezu vor den Kopf stößt. Vielleicht wollte Regisseurin Deborah Chow genau diesen Konflikt, genau diesen Film, mit dem sie auf dem Toronto International Film Festival 2011 immerhin den Preis für den besten kanadischen Debütfilm abgeräumt hat.

Weitere Infos zu dem Film The High Cost of Living gibt’s von Steve »Frosty« Weintraub (Collider) .

Die Summe unserer Entscheidungen

Dabei ist sie jedoch das Risiko eingegangen, ihr Publikum abzuhängen. The High Cost Of Living (in Deutschland vermarktet als: Die Summe unserer Entscheidungen ) bleibt ein durchaus sehenswertes Erstlingswerk, das allerdings schnell falsch verstanden werden kann. Schaut man sich das Drama bis zur gelungenen Schlusseinstellung an, kommt der Verdacht auf, dass Chow bewusst darauf abzielt, ihrem Helden die Sympathien zu verweigern, während ihre Heldin nichts als Mitleid heraufbeschwört. Eine gewagte Mischung, bei der ein Großteil der Zuschauer*innen auf der Strecke bleiben wird. Denn dieser Film ist ungemütlich, vielleicht zu sehr aus dem Leben gegriffen, jedenfalls kein Popcorn-Kino, wie es sich Zach-Braff-Fans womöglich erhoffen…

Eine Vorschau sowie der Film in voller Länge sind – im Original mit deutschen Untertiteln – auf YouTube zu sehen:

Fazit zu The High Cost of Living

Der zeitweise bestbezahlte Schauspieler im US-Fernsehen war zuletzt als Hauptdarsteller in der Komödie Dein Ex – mein Alptraum zu sehen. Ein durchschnittlicher Klamauk und Zach Braff in seiner typischen Rolle. Dass er in The High Cost Of Living erstmals ein tragisches Drama um seine Präsenz bereichert und zudem in einer so schwierigen, weil ziemlich asozialen Rolle, macht den Film umso interessanter. Anschauen und eigene Meinung bilden!

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