THE NICE GUYS mit Angourie Rice | Film 2016 | Kritik

Der Gladiator ist ein bisschen außer Form geraten, doch schlägt sich noch ganz gut. Der La La Ladyheld hingegen stolpert eher so durch den Plot und lässt es an Sexappeal missen. Die Buddy-Komödie The Nice Guys von Shane Black ist vielleicht nicht der richtige Film für Sie und Ihn im Kuschelmodus auf der Couch. Aber das macht ihn ja noch nicht zu einem schlechten Film… oder?

Laurel & Holly im Porno-Dschungel

Ryan Gosling – der liebenswerte Jazz-Griesgram aus La La Land und wortkarge Astronaut aus Aufbruch zum Mond – kriegt aufs Maul. Und das nicht zu wenig. Er stürzt oft und tief und leidet quietschend wie ein Schwein auf der Schlachtbank. Und wenn er zwischendurch mal munter ist, erweist er sich als ziemliche Niete in seiner Profession als Privatdetektiv. Ja, für Verehrer von Ryan Gosling ist The Nice Guys ein hartes Brot. Mir persönlich hat dieser Streifen den Schauspieler nur sympathischer gemacht. Nehmen wir das Actionfest mal unter die Lupe.

Hinweis: Liebe Leser*innen, der Plot ist mir zu kompliziert, als dass ich hier im Detail darauf eingehen werde (keine Bange, sooo kompliziert ist er nicht, nur halt… durcheinander?) – dementsprechend ist der nachfolgende Text spoilerfrei. Aktuelle Streamingangebote finden sich wie immer bei JustWatch.

Die Schauspieler Ryan Gosling und Angourie Rice als Vater und Tochter im etwas umgekehrten Verantwortungsverhältnis in dem Film The Nice Guys | Bild: EuroCorp Distribution

Totale: The Nice Guys im Zusammenhang

Historischer Kontext

The Nice Guys spielt unverkennbar in den 70er Jahren, genauer: 1977. Während in Deutschland der RAF-Terror Schlagzeilen macht, wird in den USA die erste Hinrichtung seit über einem Jahrzehnt durchgeführt. Die Todesstrafe feiert ihr unrühmliches Comeback. Aber darum geht’s nicht. 1977 sind auch andere große US-Geschichtsthemen mit Popkultur-Potential schon gelaufen. Die Watergate-Affäre (längst!), der Vietnamkrieg (abgesehen von Millionen von Landminen, die noch rumliegen – aber die USA können sich ja nicht um alles kümmern, immerhin haben sie schon die zwei- bis dreifache Bombenmenge über Vietnam abgeworfen, wie im Zweiten Weltkrieg über Deutschland), ja selbst die Hippie-Ära ist passé. Vorbei der erneute Ruf nach »freier Liebe«. Stattdessen machen im Film The Nice Guys nur ein paar Umweltaktivisten auf die schlechte Luft aufmerksam – eine Randnotiz, die im Laufe der Handlung an erstaunlicher Relevanz gewinnen soll.

Kurzum: Die 70er Jahre schlagen sich in The Nice Guys vor allem im coolen Gewand nieder. Die Autos, die Klamotten, die Mucke, das bietet sich alles sehr gut eine für eine knallbunte, actionreiche Buddy-Komödie. Irgendwo hängt ein Kinoplakat für Jaws 2 in der Kulisse. Irgendwann treten Earth, Wind and Fire live auf, das sind so die nennenswerten 70er-Referenzen. Apropos Musik, mal in den Soundtrack reinhören? Bitteschön:

Persönlicher Kontext

Ach ja, und der pornöse Schnurrbart darf beim 70er-Jahre-Feeling natürlich auch nicht fehlen. Den trägt Ryan Gosling unter der Nase. Und obwohl Sonia den Film gerne sehen wollte ( wegen Ryan Gosling, darf ich aus Erfahrungswerten annehmen), hat sie bei der Plakat- und Trailerwerbung wohl nicht so ganz hingeschaut. Denn dieser dominante Schnurrbart schaffte es doch glatt, meiner lieben Partnerin das Ryan-Gosling-Erlebnis madig zu machen.

So kam’s dass nur ich, der ich den Film in maximaler Selbstlosigkeit nur Sonia zuliebe anklickte, am Ende auf meine Kosten kam. Zumindest wurde ich gut unterhalten. Mehr wollte dieses Action-Spektakel mit relativer Gagdichte gar nicht, glaub ich… hoff ich.

Close-up: The Nice Guys im Fokus

Erster Eindruck | zum Inhalt des Films

The Nice Guys beginnt mit einem Kameraflug über Los Angeles bei Nacht, beginnend von hinter dem Hollywood-Schriftzug in den Hills (mäßige CGI), endend bei einem Hund, der in ein Haus reindackelt. Schnitt, die Kamera folgt dem Hund, bis sie an einem Jungen hängen bleibt, der ins Schlafzimmer seiner Eltern schleicht. Offenbar der Sohn des Hauses. Er mopst sich das Porno-Blättchen seines Vaters von unterm Bett und stöbert darin, bis plötzlich ein Auto mitten durchs Haus rast. Ja, das kommt etwas unerwartet. Krachender Einstieg. Der Junge inspiziert das Autowrack und findet in der Nähe einer halbnackte Frauenleiche, die einer Dame aus dem Porno-Blättchen ziemlich ähnlich sieht.

Man kann den Anfang des Films auch verkürzt zusammenfassen: Langsame Kamerafahrt über einen nackten Frauenkörper in einem Porno-Magazin + langsame Kamerafahrt über einen nackten, blutigen Frauenkörper nach einem Autounfall. Genug für Hilary, die nach drei Minuten erkannte, dass sie »offenbar nicht die Zielgruppe für den Film war«, wie die Leserin der Bechdel Test Movie List es sympathisch formuliert .

Bemerkenswerte Lesben

Dabei hat der Streifen den Bechdel-Test bestanden, was man bei einem Film wie The Nice Guys jetzt nicht unmittelbar erwarten würde. Der Bechdel-Test stammt aus dem Comic Dykes to Watch Out For (zu deutsch: Bemerkenswerte Lesben) und dient dazu, auf die Stereotypisierung weiblicher Figuren in Filmen hinzuweisen. Er ist ganz einfach:

  • Gibt’s im Film mindestens zwei Frauenrollen?
  • Sprechen sie miteinander…
  • …auch über etwas Anderes, als Männer?

Zack, so simpel lassen sich die schlimmsten Macho-Movies (von denen es erschreckend viele gibt) aussortieren. Obwohl in The Nice Guys zwei ziemliche Macho-Typen die Hauptrollen spielen (Russell Crowe und Ryan Gosling ermitteln als Privatschnüffler-Duo im Porno-Business) gibt es in dem Film ne Menge bemerkenswerter Frauenrollen.

Die gesuchte Tochter einer Politikerin entpuppt sich als meinungsstarke Aktivistin. Die korrupte Mutter plottet den ganzen Coup, der die Handlung überhaupt ins Rollen bringt. Deren knallharte Gehilfin macht es den Privatermittlern ein ums andere Mal schwer. Eine alte Dame bringt besagte Ermittler überhaupt erst auf die richtige Spur… wenn man so den Fokus drauf richtet, sind die Männer in diesem Film nur ne Bande gewalttätiger/betrunkener Dicks und Doofs, die ohne weibliche Anleitung gar nicht wüssten, worum sie sich kloppen sollen.

Bleibender Eindruck | zur Wirkung des Films

Im Gedächtnis bleibt dabei vor allem eine weibliche Rolle, die ob ihres Alters anfangs irritiert: Tochter Holly des von Ryan Gosling gespielten Detektivs. Keine Ahnung, wie alt sie im Film sein soll. Schauspielerin Angourie Rice (*2001) war bei den Dreharbeiten (beginnend im Oktober 2014) etwa 13 Jahre alt. Augenscheinlich noch ein liebes Kind, dass in Kreises rabiater Kerle und Porno-Partys nichts zu suchen hat. Tatsächlich erlebt man Holly jedoch als diejenige, die ihren Vater zur Disziplin ruft, einen miserablen Detektiv schimpft, ihn nach Hause fährt und ihm den Arsch rettet, öfter mal. Auch dem anderen Nice Guy, Russell Crowe, redet sie selbstbewusst ins Gewissen.

Mit The Nice Guys hatte Angourie Rice, im Real Life die Tochter eines Regisseurs und einer Autorin, ihren Durchbruch als Schauspielerin. Aktuell ist sie in Letztlich sind wir dem Universum egal zu sehen (mehr dazu im Interview mit Sarah Schindler ) und bespricht selbst Filme auf ihrem WordPress-Blog Thoughts to keep me sane . Ob Angourie Rice eine Rolle im geplanten Nice-Guys-Reboot mit weiblichen Hauptrollen – The Nice Girls soll’s heißen – spielen wird? Wird sich zeigen.

Fazit zu The Nice Guys

Ein netter Film. Die Hard trifft Laurel & Hardy trifft Fuck for Forest , oder so. Nur Ryan Gosling zu mögen reicht eher nicht, um Gefallen an dem Film zu finden. Sonia ist nach einer Stunde ausgestiegen, fand den Film letztlich lahm, zu viel Geballer, zu wenig Emotionen. Längen hat er, da stimme ich zu, aber die Actionszenen sind ideenreich choreografiert und ein paar gute Lacher gibt’s auch. Reicht doch für ’n okayen Film.


Weblinks:
  • Filmkritik | Andreas Busche ( Spiegel Online ) über den Film The Nice Guys : Profis in Polyester
  • Filmkritik aus Cannes | Owen Glieiberman ( Variety ) über den Film The Nice Guys (englisch)
  • Filmkritik | Jackie K. Cooper ( HuffPost ) über den Film : »The Nice Guys« Is Not a Nice Movie (englisch)
  • Filmkritik | Kristen Kranz ( Hypable ) über den Film The Nice Guys : Not a nice trip to the movies (englisch)

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