Der Schlüssel zum Erlernen einer Fremdsprache liegt nicht in der Grammatik, sondern in den Vokabeln. Damit ist leider kein großes Geheimnis verraten, denn Vokabeln zu lernen ist wieder eine Kunst für sich. Wie sehr wir diese Kunst oft bereits bestens beherrschen, ist den Wenigsten von uns bewusst. Man denke dabei nur an die eigenen Arbeitsfelder oder Interessengebiete – jedes davon geht mit einer eigenen »Fachsprache« einher, die wir ohne eine einzige Vokabelkarte erlernen. Im Folgenden möchte ich eine Methode zum Vokabeln lernen vorstellen, die mir hilft, auch einen größeren Wortschatz fremder Begriffe im Kopf zu behalten.
Wörter um der Wörter willen
Wer als Blogger*in aktiv ist, beispielsweise, lernt sich schon bald in der »Blogosphäre« zu verständigen. Blogosphäre – das ist die Gesamtheit aller Blogs im World Wide Web . Siehe da, du bist dem ersten Begriff aus einem neuen Fachgebiet begegnet. In der Blogosphäre dreht sich alles um das Gestalten, Lesen und Schreiben von Blogs. Tätigkeiten, die umso professioneller betrieben werden können, je mehr man das nötige Vokabular verinnerlich. Das Erlernen einer Fachsprache unterscheidet sich von einer Fremdsprache dadurch, das wir Letztere meist um ihrer selbst will beherrschen wollen – was die Sache oft nicht leichter macht.
Ob es beim Vokabeln lernen »falsch« oder »richtig« gibt, soll im Folgenden nicht ermittelt werden. Allein, dass es mehr oder weniger effiziente Methoden gibt, das ist sicher. Im Folgenden möchte ich den Weg darstellen, der mich zu meiner derzeitigen Methode geführt hat – und wie diese aussieht.
Nach der Schule weiterwuseln
Aus der Schulzeit haben wir das Pauken von Vokabeln meist als ätzend in Erinnerung. Meine persönliche, damalige Abneigung wurde regelrecht konditioniert von einem Lateinlehrer, der berüchtigt dafür war, Vokabeln als »Strafpakete« zu verteilen. Gewöhnlich in einer 30er-Dosis. Muckten Schüler*innen im Unterricht auf, flogen ihnen alsbald entschiedene »30!« um die Ohren – mehr musste jener Lehrer nicht sagen. Dann war klar: Bis zum nächsten Tag sollten 30 Vokabeln (Deutsch-Latein) als handschriftliche Liste eingereicht werden. Reine Fleißarbeit. Eine dämliche Maßnahme, aber naja, Schulzeit halt.
Nach der Schule bekam ich irgendwann Lust, Italienisch zu lernen. Also deckte ich mich mit Büchern ein, sah italienische Filme, studierte die Grammatik, besuchte einen VHS-Kurs, unternahm eine Reise nach Genua – und lernte haufenweise Vokabeln . Wortwörtlich: es war schon bald ein Haufen. Liegt immer noch in meiner Italienisch-Schublade. Die Sprache ist für mich leider ein unvollendetes Projekt, was womöglich auch daran liegt, dass ich nie ein System gefunden habe, eine sinnvolle Routine und Methode in den Vokabel-Wust zu bekommen.
Apropos Fremdsprachen , hier ein Blogbeitrag über Die Expansion Europas: Sprachen lernen, Welten erobern .
Vokabeln lernen – mit Karten oder Apps?
Zwischenzeitlich dachte ich, die Karten selbst seien das Problem. Handschriftlich ein Stück Pappe zu beschreiben, das ist doch irgendwie nicht mehr zeitgemäß. Auf die Idee kann man in einer Gegenwart, da es für alles eine App gibt, schnell kommen. Auch für das Lernen von Vokabeln gibt es natürlich etliche Apps. Zu meinem persönlichen Favoriten gemausert hat sich die App Flashcards Deluxe , sogar in der kostenpflichtigen Version, aber nur ein, zwei Monate lang. Dann habe ich gemerkt, dass es weniger wichtig ist, seine Vokabeln ständig und überall bei sich zu haben, als sie schlicht und einfach regelmäßig zu lernen. Und dass es einen gewissen Reiz hat, noch ein paar Beschäftigungen am Tage zu haben, die ohne Screen funktionieren. Also zurück zu den Karten.
Aber wie kriege ich in hunderte von Karteikarten (so viele hat man sehr rasch beisammen) eine Systematik rein? Darüber habe ich viel nachgedacht und recherchiert. Eine wichtige Orientierung war für mich die Lernkartei-Methode von Sprachheld , die mich erstmals auf den Weg gebracht hat, eine Struktur in mein Lernen zu bekommen. Sprachheld gibt einen sehr praktischen visualisierten Überblick für diese Methode zu Hand – ich kann sehr empfehlen, sich diese sehr aufgeräumte, klare Lernkartei-Methode mal anzusehen und von diesem Ausgangspunkt seine eigene Methode abzuleiten und zu entwickeln. Es ist inzwischen anderthalb Jahre her, dass ich mir besagten Überblick ausgedruckt und aufgehängt habe. Inzwischen brauche ich diese „Hilfe“ nicht mehr, da mir das regelmäßige Lernen in Fleisch und Blut übergegangen ist.
Nach der Schule eine Fremdsprache zu lernen ist eine (von vielen) Möglichkeiten, das Konzept Lebenslanges Lernen in der Praxis anzuwenden. Hier gibt’s weitere Informationen zum Thema Lebenslanges Lernen .
Was heißt regelmäßig?
Ich habe einmal gelesen, dass man etwas 60 Mal tun müsse, um es sich anzugewöhnen. 60 Mal, das scheint mir nicht so viel. Von diesem Richtwert motiviert hatte ich mir daraufhin vorgenommen, jeden Morgen früher aufzustehen und erstmal Vokabeln zu lernen. 60 Tage lang habe ich das durchgezogen und danach weitergemacht und inzwischen sind rund anderthalb Jahre so vergangen. Es hat geklappt, das mit dem Angewöhnen. Ein Tag ohne Vokabeln lernen fühlt sich unvollkommen an. Klingt nach übelstem Streber und mein jüngeres Selbst würde mir ’n Schlag in den Nacken verpassen, aber hey. Menschen ändern sich. Regelmäßig heißt für mich also täglich, meist: immer morgens. Wenn ich es morgens nicht schaffe, meine Vokabeln durchzugehen, dann hole ich es im Laufe des Tages nach. Egal, ob ich daheim bin, oder auf Reisen. Mein kompletter Korpus an Vokabelkarten passt in einen Rucksack, der immer dabei ist.
Zum Start in den Tag
Täglich also. Wie lange? Das hängt extrem davon ab, wie viele neue Vokabeln am Tag zu lernen sind. Dieses Tagespensum variierte bei mir, von 15 zu 12 zu aktuell 20 Vokabeln am Tag. Aufgrund des Wiederholungssystem heißt das natürlich, dass man wesentlich mehr Vokabeln an einem Tag durchgeht. Bei mir sind es aktuell sieben Wiederholungsstationen + die Tageskarten, das macht (8×20 Karten) 160 Karten, die ich am Tag durchgehe. Das dauert ca. 40 Minuten. Als ich noch ein Tagespensum von 15 Vokabeln hatte, war ich in knapp 30 Minuten mit dem Wiederholen durch.
Jeden Tag 40 Minuten lernen ist viel und ich kann mir gut vorstellen, wieder zurückzurudern und weniger Vokabeln zu machen. Die Menge liegt an einer Umstellung im Lernen an sich, auf die ich später eingehe. Wichtig ist hier erstmal festzuhalten: Letztendlich findet jede/r ein eigenes Pensum, das für einen Tag geeignet scheint, und Tempo, indem man es durchzieht (ich bin ein langsamer Lernen, daher die 40 Minuten auf keinen Fall als Richtwert nehmen).
7 Stationen + Tagesvokabeln
Ich habe 6 unterschiedlich große Vokabelkästen, in die ALLES hineinpasst. Mein kompletter Korpus an Vokabelnkarten. Ein Wort, das durch diese Kästen durchgewandert ist, bleibt mir im Gedächtnis. Die Karte wird danach weggeschmissen (aber das Wort wandert in eine Excelliste – reine Neurose: ich habe gerne einen ungefähre Anzahl bisher verinnerlichter Wörter vor Augen, um zu wissen, wo ich in Sachen Sprachniveau stehe.
In diesem 6 Kästen stehen 7 Trennkarten für die 7 Station. Hinter jeder Trennkarte stehen eine oder mehrere »Vokabeleinheiten«. Eine Einheit ist ein Schwung an Vokabeln , der das tägliche Pensum umfasst, also 12, 15 oder 20 Karteikarten (oder mehr oder weniger).
Trennkarten zwischen den Vokabeln
Hinter den Trennkarten 1-3 steht jeweils nur eine Vokabeleinheit, die täglich gelernt und dann verschoben wird. Hinter Trennkarte 4 stehen sieben Vokabeleinheiten. Jede Einheit, die dort hineinwandert, sehe ich erst eine Woche später wieder. Hinter Trennkarte 5 stehen 21 Einheiten. Jede Einheit, die dort hineinwandert, sehe ich erst nach drei Wochen wieder. Hinter Trennkarte 6 stehen ca. 60 Einheiten. Jede Einheit, die dort hineinwandert, sehe ich erst nach ca. zwei Monaten wieder. Hinter Trennkarte 7 stehen die meisten Einheiten – jede, die dort hineinwandert, sehe ich erst nach ca. drei Monaten wieder.
Wie dieses System im Detail funktioniert und aussieht, welche Fehler ich am Anfang gemacht habe und welche neue Anpassung an meine Methode ich vor kurzem vorgenommen habe, darüber schreibe ich demnächst. Bis dahin wünsch ich viel Erfolg beim Lernen!