Wer nach Cornwall reist, wird auch Land’s End erleben wollen. Cornwall (eingedeutscht: Kornwall) ist diejenige Grafschaft, die als südwestlichster Landteil von England den Zipfel der South West Peninsula umfasst. Zwischen dem Bristol- und dem Ärmelkanal. In der Nähe der darin gelegenen Stadt Penzance ragt eine Landzunge ins Meer, deren Spitze der westlichste Punkt der Hauptinsel Großbritanniens ist: Land’s End. Auch uns hat es auf unserer Cornwall-Reise dorthin verschlagen – der schönste Ausflug des gesamten Trips. Kleiner Reisebericht.
Zwischen Meerblickbrot und Freilichtbühne
Ausgangspunkt unseres Tagesausflugs am Montag, 16. Juli 2018 war die Hafenstadt Padstow im Norden Cornwalls. Dort durften wir ein kleines Apartment mitten im Städtchen für eine Woche unser Zuhause nennen. Von Padstow nach Penzance sind es mit dem Auto (wenn man langsam fährt, weil man nicht auf das Linksfahren und die Steigungen klarkommt) etwa anderthalb Stunden. Eine schöne Strecke, gesäumt von grünen Panoramen und hin und wieder einem Blick aufs Meer. Nahe Penzance ist das Land’s End dann schon überdeutlich ausgeschildert, so dass man sich getrost vom Navi lösen und den Schildern (oder in unserem Fall: einem Reisebus) folgen kann.
Erster Stop: Land’s End
Natürlich ist Land’s End touristisch erschlossen. Wo man an der Südwestspitze Portugals – Cabo de São Vicente – einen Leuchtturm besichtigen und » die letzte Bratwurst vor Amerika « futtern kann, erwartet die Reiselustigen im britischen Land’s End fast ein kleiner Freizeitpark. Schon die Durchfahrt zwischen zwei Mauern, vor denen »LAND’S« und »END« in großen, steinernen Buchstaben rechts und links der Straße stehen, erinnerte mich ein wenig an Jurassic Park . Gleich dahinter knüpfte uns ein überfreundlicher Brite 6 Pfund fürs Parken haben (»you can stay as long as you want«, na dann). Parkplätze sind reichlich vorhanden. Wir trafen in der Mittagszeit bei bestem Sonnenschein ein und hatten kein Problem, unseren VW Polo »paid and displayed« irgendwo abzustellen.
Hier geht’s zur offiziellen Website von Land’s End, samt Übernachtungs- und Erlebnismöglichkeiten für Gäste, die länger bleiben möchte – und für solche, die noch länger bleiben möchten: Jobangebote!
Dinos und domestizierte Kamele
In besagtem, einem Freizeitpark gleichendem Gebäudekomplex, gab es neben anderen Attraktionen für Familien mit Kindern tatsächlich ein 4D-Kino-Erlebnis zu dem aktuellen Dino-Sequel Jurassic World: Das gefallene Königreich . Sehr verlockend, und doch hielten wir uns in diesem (etwas überbevölkerten) Gebäudekomplex nur für unseren rituellen Mittagskaffee auf.
Den Lunch wollten wir hingegen direkt an den Kliffen genießen. Auf dem Fußweg dorthin kommt man an der Greeb Farm vorbei. Dabei handelt es sich um eine der Reklame nach 200 Jahre alte, kornische (also typisch-cornwallige) Farm, wie sie einst wohl oft an der dortigen Küste zu finden war. Ob solche Farmen schon damals neben Schafen auch Alpakas hielten, das weiß ich nicht. Jedenfalls begegneten uns dort, im Vorbeigehen, zwei dieser domestizierten Kamele aus (eigentlich) Übersee.
Butterbrot mit Blick aufs Meer
Hinter der Farm gelangt man schließlich an die Küste. Eine Absperrung zu den Klippen gibt es nicht wirklich. Insofern ist Vorsicht geboten: Da geht’s ziemlich tief hinab. »Dangerous Cliffs« liest man in roten Lettern auf einigen Steinen am Wegesrand.
Die Aussicht auf das offene Meer war fantastisch. Beeindruckende Felsformationen ziehen sich entlang beider Richtungen, die man zu Fuß weiter erschließen kann. Dort haben wir uns einen abgelegenen Platz gesucht und unser Butterbrot gegessen. Die Möwen an der Küste sind längst nicht so frech, wie im Hafen von Padstow, wo mir eine dieser weißen Luft-Piratinnen mein Eis abgeknüpft hat, direkt aus der Hand (und genau da hört der Spaß nämlich auf!).
Vielmehr segelten die Möwen an Land End’s geradezu majestätisch neben den Felswänden her, wie sie es schon seit Jahrtausenden tun. Ich muss bei dem Anblick solch großer Vögel an der See immer an Flugsaurier denken (ja, Jurassic Park nimmt in meinem Kopf sehr viel Raum ein).
Nächster Stop: Porthcurno Beach
Am Nachmittag sind wir schließlich weiter zur Küstensiedlung Porthcurno gefahren – nur 10 Autominuten vom Land’s End entfernt. Schon tags zuvor hatten wir übers Internet Tickets für das Minack Theatre (oder einfach: The Minack) bestellt, die 20-Uhr-Vorstellung des Stücks Candide . Dazu waren wir satte vier Stunden zu früh vor Ort, aber in Porthcurno kriegt man diese Zeit bei gutem Wetter wunderbar um. (Bei schlechtem Wetter übrigens auch, etwa mit einem Besuch im unterirdischen Porthcurno Telegraph Museum – vorausgesetzt, man interessiert sich für Telegrafie und so ’n Zeugs.)
Bei unserer Ankunft in Porthcurno schien die Sonne, keine Wolke am Himmel, und schon am Parkplatz kamen uns Menschen in Badekluft entgegen. Yeah! Wo kamen diese Beachboys and -girls bloß her!?
Kleiner Exkurs zum Parken in Porthcurno: Man wird, wenn man in den Mini-Ort fährt, wie automatisch auf einen größeren Parkplatz gelotst. Von dem aus sind Strand, Museum und Beach Café fußläufig erreichbar. (Ebenso, etwas bergauf, das Minack Theatre. Das hat aber nochmal einen eigenen, großen, kostenlosen Parkplatz, wie wir etwas zu spät gelernt haben.) Die Kosten fürs Parken belaufen sich von 2 Pfund (für 2 Stunden) bis maximal rund 6 Pfund (für den ganzen Tag). Hier geht’s zum Euro-Pfund-Umrechner .
Sprung ins Blaue
Von einem Strand in Porthcurno hatten wir zuvor gar nichts gehört, gelesen, gesehen, somit auch keine Badesachen mitgebracht. Zu dumm, dachten wir, als wir über bewaldete Wege in die Bucht von Porthcurno schlenderten und diesen großartigen Strand vor uns sahen. Heller, feiner Stand, strahlend blaues Wasser, ein bisschen Wellengang und nur wenige Menschen. Das alles vor traumhafter Kulisse, eingerahmt in grün umsäumte Klippen, dazwischen wie gemalt der Horizont: Wow!
Und mal ehrlich, wer braucht schon Badesachen? Wir haben uns kurzerhand in Unterwäsche ins Wasser gestürzt und das kalte Nass genossen. (Mit rund 16 Grad nicht sooo kalt wie erwartet. Überhaupt haben wir an diesem sonnigen Juli-Tag am Strand kaum glauben können, in Groß-Britannien zu sein. Erinnerte zuweilen eher ans Mittelmeer.)
Am Ende des Tages sind wir, getrocknet (sowie etwas verbrannt) von der Sonne und mit Meersalz in den Haaren hoch zum Minack gelatscht. Oben haben wir am Holzhäuschen unsere hinterlegten Tickets abgeholt. Nach wie vor zu früh, konnten wir auch dort einmal mehr die Klippen erkunden und tolle Aussichten genießen – plus leckeres Essen! Denn anders als andere, geregeltere Theaterbesucher*innen hatten wir kein Picknick mitgebracht. (Es gibt neben dem Parkplatz einen Garten mit Holztischen und -bänken. Auf denen kann man sich auch prima mit eigenem Proviant ausbreiten.) Unser Abendessen haben wir an dem Stand von Katie’s Cornish Hot Pots geholt: ne ordentliche Portion veganer Kichererbsen-Eintopf mit Reis und Tortilla-Brot im Takeaway-Pappkarton, perfekt!
100 Jahre Bernstein
Zum krönenden Abschluss dann die Aufführung im Freilichttheater. Das Stück unserer Wahl: Candide oder der Optimismus , von (ursprünglich) dem großen Philosophen Voltaire. Der Komponist Leonard Bernstein hat’s in den 50er und nochmal in den 70er Jahren zu einem Musical adaptiert. Und weil dieser gute Mann diesen Sommer 100 Jahre alt geworden wäre, wurde ihm zu Ehren eben dieses Bühnenstück zum Besten gegeben.
Naturgewaltige Kulisse
Das Minack Theatre befindet sich an einem Felshang. Aufgebaut und über Jahrzehnte gepflegt wurde es von der Britin Rowena Cade . Das ist die Schwester der visionären, feministischen Schriftstellerin Katharine Burdekin ( Nacht der braunen Schatten ). Die Tribünen dieses Ausnahme-Theaters sind in die Klippen eingearbeitet und der Blick der Zuschauer*innen geht, über die Bühne hinaus, aufs freie Meer. Samt der Wolkenformationen, die darüber von Wind und Wetter in Szene gesetzt werden. Eine krasse Kulisse, vor der man tatsächlich vermutlich jedes noch so miese Musical irgendwie dramatisch finden muss. Stattdessen aber erweckten das Ensemble, begleitet von einem Live-Orchester, die Geschichte um den optimistischen Herrn Candide und seiner nicht ganz optimalen Reise um die Welt auf beeindruckende Art und Weise zum Leben. Doch davon ein andermal mehr.
Weitere Reiseberichte:
- Japan im November 2016
- Dresden-Breslau im Juni 2018