You’re now a criminal. Good one, bad one? That’s up to you. | Mike Ehrmantraut (2015). Dieses Zitat fasst am besten zusammen, was mir an Better Call Saul von Vince Gilligan und Peter Gould – gestern recht verspätet das Finale gesehen – so sehr gefallen hat. Die Serie könnte auch Breaking Good (Again) heißen. Mit Bob Odenkirk. Es geht um zweite, dritte, vierte Chancen, wenn man nur die Kraft dazu hat, darum, sich nicht aufzugeben, sich nichts schönzureden und im Angesicht seiner Fehler und Schwächen nach dem Richtigen zu streben. Was auch immer das ist.
Zur Serie Better Call Saul
James McGill ist Anwalt – auch wenn der Weg dorthin nicht so elitär und formell war, wie sein Bruder Chuck es gerne hätte. In der ersten Staffel erleben wir also, wie McGill versucht, mit Biss und Buße ein rechtschaffener Mann zu sein – aber auch verdammt gut darin ist, sich mit Kriminellen einzulassen, beziehungsweise sich mit kriminellen Kniffen aus verzwickten Situationen herauszufinden. Er hat ein rhetorisches Talent, starke Nerven, kann mit Menschen, weiß wann er die Klappe halten muss und wann es sich zu kämpfen lohnt… nur dass es ihn eben auf die schiefe Bahn führt.
Die schiefe Bahn, stelle ich fest, ist ein schönes Bild. Wenn man sich das mal bildlich vorstellt: Ein Weg in Schieflage – wie entlang am Hang eines Deichs – der aber vielleicht in die gleiche Richtung führt, wie der ebene Weg oben auf besagtem Deich. Es ist schwieriger, auf der schiefen Bahn voranzukommen; die Gefahr, abzurutschen, ist größer; ebenso die Gefahr und Möglichkeit, andere Mensch, an denen man vorbei muss, den Hang hinabzuschubsen. Aber das muss man ja nicht tun. Auf die schiefe Bahn geraten – aka ins kriminelle Milieu abrutschen. Wo fängt das eigentlich an? Kopierpapierklau im Büro? Der Fairness halber müsste man eine gewisse Regelmäßigkeit voraussetzen, um ein kriminelles Gemüt zu unterstellen, wobei das Strafgesetzbuch (ich habs nicht gelesen) da vermutlich wenig Spielraum lässt. Weil jeglicher Spielraum, jegliche »Ja, aber«-Definition davon, wo Kriminalität »eigentlich« beginnt, pure Ansichtssache und Willkür ist.
Die Regeln so streng…
Ich bin froh, in einem Rechtsstaat zu leben. Dass es ein dickes Buch mit vielen Regeln gibt – und Heerscharen an Menschen, organisiert in kleinen und großen Apparaten, um das Recht geltend zu machen. Allerdings sind die Spielregeln so streng, das ein Verstoß rasch passiert ist. Ich habe dagegen verstoßen, ein ums andere Mal – und nicht immer ist es aufgeflogen (es war kein Kopierpapierklau). Es fühlt sich manchmal so an, als stünden wir alle auf der schiefen Bahn . Ersetzen wir das Bild vom Deich durch das einer gewaltigen Hüpfburg – und wer nicht mit beiden Füßen fest auf dem Boden steht, dem geht der Boden in Schieflage. Viele kleine Schritte sind sicherer, als ein großer – wenn die Bahn eben bleiben soll. Jetzt habe ich das Wort oft genug gesagt, um mich selbst damit zu nerven. Mit dem Bahngequatsche. Es geht auch ohne:
Auch ein rechtschaffener Mensch kann in Bredouille oder Versuchung geraten. Und ein Fehler ist ein Fehler ist ein Fehler. »Wiedergutmachung« – etwas wieder »gut« machen, nachdem man etwas (demnach) »schlecht« gemacht hat – ist möglich. Etwas ungeschehen machen nicht. Bereuen ja. Kommt bei manchen gut an. Beichten ja. Kommt auch irgendwo an. Aber nicht ungeschehen machen. Wieder etwas gut machen, etwas Gutes machen, das ist, denke ich, das Beste, was ein Fehlermacher tun kann. Aber was ist schon gut? Und seit wann liegen gut und richtig im selben Topf? Deckel drauf. Der Gedankenbrei muss noch was köcheln…
Lesetipp: Hier ein Beitrag über den Unterschied zwischen Ethik und Moral , der Jahre nach diesem Tagebuch-Eintrag entstanden ist.