Die vergangene Woche habe ich in klösterlicher Abgeschiedenheit verbracht. Von Montag bis Freitag bezog ich ein kleines Zimmer in der Akademie der Kulturellen Bildung des Bundes und Landes NRW. Die liegt nicht ganz so zentral, wie der gewichtige Name vielleicht vermuten lässt, sondern südlich der Wupperhänge und am Rande Remscheids, mitten im Grünen. Hätte aber auch genauso gut unter Tage sein können, denn von der schönen Natur ringsum bekamen wir dort nichts mit. Und doch gab’s viel zu sehen! Ein Rückblick zur Jurysitzung für den Deutschen Jugendfilmpreis 2018.
Anreise zur Akademie
Leider bin ich ein notorischer Tank-bis-zum-letzten-Tropfen-leer-Fahrer. Anscheinend brauche ich den Adrenalinschub vorm möglichen Absaufen meines Volkswagens. Die Kölner Mentalität – et hätt noch emmer jot jejange – ist mir in meinen fünf Kölnjahren in Fleisch und Blut übergegangen. Irgendwann werde ich damit auf die Nase fallen. Als ich mich am Montag der Bildungsakademie näherte, schien dieser traurige Tag gekommen zu sein. Aus welchem Grund auch immer hatte ich diese Akademie in einer Art städtischem Zentrum erwartet. Remscheid war ja immer hin was größer als meine Heimatstadt Bocholt.
Als das Navigationssystem mich nahe dem Zielfähnchen auf immer düstere Waldwege schickte, war ich mir meiner Sache nicht mehr so sicher. Zu allem Überfluss ging’s hoch hinaus, den Hang hinauf. Hatte vor kurzem erst gesagt bekommen, dass ein leerer Tank – das Lämpchen leuchtete seit geraumer Zeit, natürlich – bei Steigungen Probleme machen könne. Dann nämlich, wenn der letzte Tropfen Kraftstoff wegen der Schieflage des Wagens nichts mehr dort hinschwappt, wo er gebraucht wird. Meine Ahnung von Autos tendiert gegen Null, also bezwang ich den Berg mit gutem alten Daumendrücken. Oben durfte ich feststellen, dass der Remscheider Ortsteil Küppelstein, in dem diese Akademie liegt, ein Nest ist. Keine Tanke, nirgends.
Stattdessen rollte ich, gerade noch pünktlich, auf den Parkplatz der Akademie für Kulturelle Bildung. Dort stellte meinen durstigen Wagen ab. So, kümmerste dich Freitag drum. Jetzt biste erstmal hier . Dieses Aufschieben lässt mich irgendwann mein Auto schieben.
Auftakt zur Jurysitzung
Die Akademie der Kulturellen Bildung des Bundes und des Landes NRW ist ein flacher, etwas verwinkelter Gebäudekomplex. Für Neulinge mit Labyrinth-Potential. Zum Glück wurde ich mit meinem Rollköfferchen gleich an der Rezeption bei der Hand genommen. Unter Führung ging’s weiter hinein. Im Jahr 1958 gegründet, ist diese Akademie das zentrale Institut für kulturelle Kinder- und Jugendbildung des Bundesrepublik Deutschland und des Landes Nordrhein-Westfalen. Über das gesamte Themenspektrum der Kulturellen Bildung werden hier Fortbildungsveranstaltungen für Fachkräfte angeboten – und vieles mehr, sei es rund um Musik, Tanz, Theater, Literatur oder auch Medien. Unter letzteren Themenbereich fallen wohl Kinder- und Jugendfilme.
661 Einreichungen gab es zum diesjährigen Deutschen Jugendfilmpreis , von insgesamt knapp 7.000 jungen Menschen, die selten allein, meist in Gruppen ihre Filmprojekte umgesetzt haben. Das Geschlechterverhältnis dröselt sich auf in 3.092 Teilnehmerinnen und 3.890 Teilnehmer. Mitmachen können beim Deutschen Jugendfilmpreis junge Kreative bis 25 Jahre . Zugelassen sind dabei sämtliche Themen, Genres und Umsetzungsformen . Ob KiTa-, Schul- oder Hochschulprojekt, medienpädagogisches Projekt oder Freizeitprojekt – allein, kommerziell soll’s nicht sein. »Die besten Nachwuchsfilmemacher*innen haben die Chance«, so heißt es in den Teilnahme-Informationen, »ihre Produktionen einem großen Publikum zu präsentieren und im besten Fall einen der Preise im Gesamtwert von 12.000 Euro zu gewinnen.«
Hier geht es zur Historie: Deutscher Jugendfilmpreis – wie alles begann
Die besten Filme
Die besten Filme zu ermitteln, das war nun die Aufgabe der Jury. Vom Aussteigen aus meinem Wagen bis zum Betreten desjenigen Raumes, in dem ich zwecks Jurysitzung den größten Teil der Woche verbringen würde, vergehen fünf Minuten zielstrebigen Fußmarsches. Dann heißt es: Koffer unter den Tisch und ran an die Arbeit. Die Motivation am Montagnachmittag war bei allen Beteiligten auf Maximum: Nicht lange rumkaspern, sondern loslegen! Moderator der munteren Runde war der Filmjournalist und Medienpädagoge Stefan Stiletto , der uns kurzerhand in die Spielregeln einwies, ehe auch schon das Licht gedimmt und der Beamer in unserer Mitte angeschmissen wurde.
Das Auswahlgremium
Die Gesamtlaufzeit aller eingereichten 661 Filme betrug rund 130 Stunden. Ein Auswahlgremium hat sämtliche Beiträge gesichtet. Mit dabei, in diesem Gremium: Hannes Güntherodt (Musikwissenschaftler und Kulturmanager aus Dresden), Axel Matz (Journalist, Medienmanager und Studioleiter SAEK, ebenfalls aus Dresden), Beatrix Rinke und Elodie Sacher (Studentinnen der Kulturwissenschaft und ästhetischen Praxis aus Hildesheim, der diesjährigen Gastgeberstadt des Bundes.Festival.Film. ), Marvin Rodemann (Kameramann, Medienpädagoge und Student aus Köln) sowie Stefan Stiletto (Medienpädagoge und Filmkritiker aus München), der auch die Jurysitzung vergangene Woche moderierte. Rund 100 Filme gab das Auswahlgremium an die Jury weiter – in 4 Altersgruppen :
A | bis 10 Jahre
B | 11-15 Jahre
C | 16-20 Jahre
D | 21-25 Jahre
Diskussionsfreudige Runde
Außerdem gab es noch 2 Kategorien für zusätzliche Gewinnchancen, unabhängig vom Alter der Filmemacher*innen: der Team-Award sowie das Jahresthema. Letzteres lautete 2018: WIR MÜSSEN REDEN . »Eine Aufforderung zum Dialog, ein Angebot zum Diskurs«, erläutert der Teilnahme-Bogen und weiter: »Mit dem Jahresthema Wir müssen reden ruft der Deutsche Jugendfilmpreis zu Einreichungen rund um das gesprochene Wort auf. (…) Wir freuen uns auf Filme, die uns zum Lachen, Weinen und Nachdenken bringen. Und im besten Fall reden wir danach noch lange darüber…«
Das haben wir. In gebührender Ausführlichkeit wurde bei der Jurysitzung jeder gesichtete Beitrag gleich im Anschluss besprochen. Eine diskussionsfreudige Runde war es, die sich da in der Bildungsakademie eingefunden hatte. 5 filmbegeisterte Jurymitglieder*innen mit unterschiedlichen Hintergründen, da konnten die Auslegungen und Meinungen zu den kürzeren und längeren Filmen zuweilen weit auseinander gehen. Wer mit dabei war und mehr zur Gastgeberstadt des diesjährigen Bundes.Festival.Film., auf dem der Deutsche Jugendfilmpreis verliehen wird, gibt es im nächsten Beitrag zu lesen .