Eine kurze Geschichte der Zeit ist das berühmteste Buch des Physikers Stephen Hawking. Die Originalausgabe erschien im Frühjahr 1988 unter dem Titel A Brief History of Time: From the Big Bang to Black Holes im New Yorker Verlag Bantam Books. Seither ist das populärwissenschaftliche Werk weit über 10 Millionen Mal verkauft worden. Hawking, dieses einzigartige Mastermind, erklärt darin der breiten Masse im Wesentlichen, wie das Universum funktioniert. Dabei kommt er ganz ohne mathematische Formeln aus – na ja, fast. Einstein lässt grüßen!
Woher kommt das Universum?
In Eine kurze Geschichte der Zeit unternimmt Hawking den Versuch, Laien eine Reihe von Themen der Kosmologie näherzubringen. Dazu gehört etwa der Urknall, die Unschärferelation und schwarze Löcher. Hawking geht es sowohl um einen allgemeinen Überblick zu seinen Forschungsarbeiten in der Kosmologie und Quantentheorie als auch ein grundlegendes Verständnis der komplexen Mathematik dahinter. Ausgangspunkt sind für ihn die spannendsten aller Fragen, »die uns alle angehen«: Woher kommt das Universum? Wie und warum hat es begonnen?
Den Auftakt von Eine kurze Geschichte der Zeit bildet ein historischer Abriss zur Astronomie, angefangen in der Antike. Von Aristoteles und dessen Auffassung der Erde als Mittelpunkt des Universums, über Ptolemäus, der diese mystisch fundierte Auffassung zum kosmologischen Modell ausfeilte, geht es zur kopernikanischen Wende, über die das namengebende Genie im 16. Jahrhundert zunächst anonym schrieb – vermutlich, um nicht von der Kirche als Ketzer gebrandmarkt zu werden. Die endgültige Widerlegung des Aristotelisch-Ptolemäischen Modells folgte jedoch erst 1609 durch Galilei.
Physik vs. Philosophie
Hawking kommt auf Kepler, Newton, Kant zu sprechen, viele der großen, wissenschaftlichen Vordenker der jüngeren Menschheitsgeschichte (namentlich erwähnt werden in Eine kurze Geschichte der Zeit insgesamt 60 Männer, keine Frau). Die Philosophen der Gegenwart schreibt der Physiker jedoch knallhart ab, was das Ergründen der großen Fragen anbelangt:
[…] die Leute, deren Aufgabe es ist, nach dem Warum zu fragen – die Philosophen –, [waren] nicht in der Lage, mit der Entwicklung naturwissenschaftlicher Theorien Schritt zu halten. Im 18. Jahrhundert betrachteten die Philosophen […] auch Fragen wie etwa die nach dem Anfang des Universums. Im 19. und 20. Jahrhundert jedoch wurde die Naturwissenschaft zu fachlich und mathematisch für Laien, zu denen nun auch die Philosophen gehörten. Sie engten den Horizont ihrer Fragen immer weiter ein, bis schließlich Wittgenstein, einer der bekanntesten Philosophen unseres Jahrhunderts, erklärte: »Alle Philosophie ist ‚Sprachkritik‘ … [ihr] Zweck ist die logische Klärung von Gedanken.« Was für ein Niedergang für die große philosophische Tradition von Aristoteles bis Kant! Stephen Hawking, S. 217
Wenn du Eine kurze Geschichte der Zeit (wie ich) als Philosophie-Student*in in die Finger kriegst und auf den letzten paar Seiten diesen Tiefschlag schlussendlich liest – das kann demotivieren. Doch da rate ich, den falschen Stolz lieber herunter zu schlucken, angesichts der Qualität dieser kompakt-genialen Lektüre. Nach dem historischen Einstieg folgen Themenschwerpunkte, in denen Hawking vertiefend auf Raum und Zeit und ihre Funktionsweisen eingeht.
Kapitelübersicht zu Eine kurze Geschichte der Zeit
- Unsere Vorstellung vom Universum
- Raum und Zeit
- Das expandierende Universum
- Die Unschärferelation
- Elementarteilchen und Naturkräfte
- Schwarze Löcher
- Schwarze Löcher sind gar nicht so schwarz
- Ursprung und Schicksal des Universums
- Der Zeitpfeil
- Die Vereinheitlichung der Physik
Es gelingt ihm tatsächlich, der zahlenfeindlichen Durchschnittspfeife (wie mir) ein grobes Verständnis von Dingen wie der Quantenmechanik zu vermitteln. Oder auch von Banalitäten – etwa, warum mein Ordnungsfimmel ein Kampf gegen Windmühlen ist (Stichwort: Entropie, Nicht-Physiker*innen vielleicht bekannt aus Dan Browns Roman Origin ). Zum Verständnis trägt der formelfreie Schreibstil Hawkings bei, dem es sehr darum geht, seine Leser*innen bei der Hand zu nehmen. Dazu gehören immer wieder Übersichtspassagen wie diese:
Es gibt mindestens drei verschiede Zeitpfeile: den thermodynamischen Zeitpfeil, die Richtung der Zeit, in der die Unordnung oder Entropie zunimmt; den psychologischen Zeitpfeil, die Richtung, in der unserem Gefühl nach die Zeit fortschreitet, die Richtung, in der wir die Vergangenheit, aber nicht die Zukunft erinnern; und den kosmologischen Zeitpfeil, die Richtung der Zeit, in der sich das Universum ausdehnt und nicht zusammenzieht.
S. 183
Fazit zu Eine kurze Geschichte der Zeit
Abschließend liefert Hawking noch je einen eigenen Abschnitt zu drei epochemachenden Wissenschaftlern: Albert Einstein (ein kaltblütiger Mann – als ein Buch mit dem Titel 100 Autoren gegen Einstein erschien, meinte er: »Wenn ich unrecht hätte, wäre einer genug!«), Galileo Galilei (dessen Zwei neue Wissenschaften »als die Geburtsstunde der modernen Physik anzusehen« sei) und Isaac Newton (der mit seiner Principa mathematica »sicherlich das einflußreichste Buch in der Geschichte der Physik« schrieb).
Für Kinder, als Erstausgabe, Hörbuch und mehr
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Als Erstausgabe ist Eine kurze Geschichte der Zeit immer mal wieder im Zentralen Verzeichnis Antiquarischer Bücher (ZVAB) zu finden ( siehe hier ). Inzwischen ist das Werk in etlichen Auflagen und Editionen erschienen, auch als Aktualisierte und erweiterte Ausgabe im Jahr 2004. Doch die Bilder machen das Buch noch lange nicht für Kinder geeignet (von Young Sheldons mal abgesehen). Als Hörbuch ist Hawkings Klassiker unter anderem via Audible verfügbar . Weitere populärwissenschaftliche Bücher des 2018 verstorbenen Ausnahme-Physikers sind:
- Das Universum in der Nussschale (2004)
- Der große Entwurf: Eine neue Erklärung des Universums (2011)
- »Eine wunderbare Zeit zu leben« (Lesebuch mit ausgewählten Texten, 2016)
Zum Thema »Verkaufszahlen«
Abgesehen von der 10-Millionen-in-20-Jahren-Marke ist im Internet wenig zu finden über die Verkaufszahlen des Bestsellers Eine kurze Geschichte der Zeit . Umso bekannter ist Hawkings eigenes Statement zum Thema »Verkaufszahlen«:
Man hat mir gesagt, daß jede Gleichung in dem Buch die Verkaufszahlen halbiert. Ich beschloß also, auf mathematische Formeln ganz zu verzichten. Schließlich habe ich doch eine Ausnahme gemacht: es handelt sich um die berühmte Einsteinsche Formel E = mc². Ich hoffe, sie wird nicht die Hälfte der potentiellen Leser verschrecken.
Über den Humor dieses brillanten Herrn kann man sich in diesem Interview ein Bild machen – mit John Oliver von Last Week Tonight (Englisch).