Voll das schöne Wetter gestern. Wo zieht es Einen da nicht lieber hin, als ins Kabuff unter die Bahnhofsbrücke? Und dort in die hinterletzte Ecke. Mein erstes Highlight des SpokenWordClub-Abends – mit Talk-Gast Amiaz Habtu! – war, dass im Backstage-Bereich des Club Bahnhof Ehrenfeld jemand die traurige Deckenfunzel gegen eine neue, glücklich strahlende Glühbirne ausgetauscht hat.
Das merkte ich daran, dass ich endlich die Aufkleber an den Wänden lesen konnte. »RASSISMUS IST KEINE ALTERNATIVE« nebst »FICK DICH! ICH WILL LIEBE MACHEN«. Voll schön. Dazwischen ein Aufkleber des SpokenWordClub. Ich schätze, wenn man sein Logo an die Walls of Fame im CBE pappen darf, dann gilt man dort als in die Familie aufgenommen. »#MYPLACETOBEER«, noch so’n Sticker.
SpokenWordClub zum Dritten!
Es war die dritte Sause des SpokenWordClub im Club Bahnhof Ehrenfeld in Köln, am gestrigen 7. April. Dieses Mal: Saturday Night Special mit Stargast Amiaz Habtu. Und: Sonnenschein-Edition. Während ich die Kameras aufbaute, um den ganzen Bums wieder einmal abzufilmen, hatte ich so meine Zweifel, ob der Laden an diesem Abend auch voll werden würde.
Beginn: ausnahmsweise schon um 19:30 Uhr. Eine halbe Stunde vorher war es noch verdächtig einsam im Backstage-Bereich. Irgendwo lungerte der Moderator/Schauspieler/Zauberer Jesse Albert herum und beschrieb die Moderationskärtchen, die er später im Talk über die Schulter werfen würde. Lief alles ein bisschen anders als geplant. Vom Moderationspartner Norman Sosa war soweit keine Spur – ob der sich auch in die Sonne gechillt hat?
Donut vor Drehstart
Klarer Vorteil, wenn im Backstage-Bereich so zombieapokalypsenmäßig wenig los ist: Man kann sich unbeobachtet über das inzwischen echt gediegene Catering hermachen. Auf Wunsch einiger ernährungsbewusster Kleinkünstler ist das Büfett »grüner« geworden (weil jetzt Tomaten dabei sind, verstehste? Ich nicht.) Die Gurken hatte Jesse schon weggegessen, bevor jemand »Boah, Gurken!« sagen konnte.
Das andere gesunde Zeugs wollte ich den Künstlern des Abends natürlich nicht wegschnappen. Es ist ein Veganer im Line-up, der über Veganismus ein Buch geschrieben hat: Jann Wattjes , Lauchentscheidungen – in der Bibel ist doch auch nicht jedes Kapitel geil . Rücksichtsvoll entschied ich mich also für den handgroßen Donut mit Schokoglasur und Nougatfüllung. Kompliziert zu essen, Fleckengefahr, stimmt, aber für solche Eventualitäten hab ich meist dunkle Klamotten an. Ist ja nicht so, als zöge ich knapp drei Jahrzehnte so völlig ohne Erfahrungswerte durchs Leben. Und zack, halb acht, Showbeginn!
Hier geht’s zu einem Flickr-Album mit Fotos vom Event (einfach Bild anklicken):
Was im Herzen beginnt…
Mit dabei war wieder der von mir in der letzten Show schmerzlich vermisste Dan O’Clock . Der Singer/Songwriter mit dem schönen Motto »Was im Herzen beginnt, darf nicht im Kopf enden« (hier dem Dan O’Clock sein Blog ), hatte das erste und das letzte Wort des Abend. Er war Opener und Closer und Zwischendrinner und wie immer großartig. Dan rappt, rührt, rastet aus:
Habt ihr Bock auf den SpokenWordCluuub!?
Wider meinem Erwarten hat sich der Club Bahnhof Ehrenfeld pünktlich zu Showbeginn gut gefüllt – und auch Moderator Norman Sosa bequemte sich kurz vor knapp noch rechtzeitig her. Zu spät, um Jesses schwarze Magie im Backstage-Bereich mitzukriegen (SpookyWordClub, siehe Video), aber das ist okay. Morgen ist ja schon wieder #magicmonday auf dem Instagram-Account @jessealbertherum .
Amiaz Habtu on fire
Den Auftakt zum Saturday Night Special des SpokenWordClub machte nach Dans Opening der Comedian Tim Perkovic – mit ein paar schönen, kleinen Anekdoten zur Dinslakener Bierklinik und Euro-in-D-Mark-Umrechner. Danach trat ein alter Bekannter auf, der in diesem Jahr auch schon den SpokenWordClub on Tour – Aachen mit seiner Anwesenheit beehrt hat: Poetryslammer David Grashoff , im Club Bahnhof ebenfalls als Comedian am Start.
Zum noch jungen Show-Element, dem Talk, setzte sich der Moderator und Rapper Amiaz Habtu mit Jesse Albert zusammen. Auf zwei recht ungleich hohe Hocker in der Bühnenmitte – was gleich zu Beginn des Talks ein gewisses Wirrwarr in den Talk brachte. Das zog sich auch durch den restlichen Talk, dank Amiaz Habtus herrlich assoziativer Erzählweise. Darf man sich so vorstellen: Jesse stellt ne Frage, Amiaz beantwortet die Frage nach dem Leben, dem Universum und dem ganzen Rest. Außer halt Jesses Frage. Der warf seine Kärtchen weg und lieferte sich mit Amiaz stattdessen in gepflegter SpokenWordClub-Manier noch ein Freestyle-Rap-Battle. Wenn schon Impro, dann auch richtig.
Bestnote für Deutschlehrer
Weiter ging’s beim SpokenWordClub mit Herrn Schröder . Nein, nicht dem ehemaligen Bundeskanzler, der gern dafür kritisiert wird, dass er in Russland nicht den ultimativen Bösewicht sieht (wir brauchen doch einen!!!). Stattdessen Herr Schröder, der Beamte mit Frustrationshintergrund. Kommt auf die Bühne und kackt Korinthen und scheißt klug und das Publikum bepisst sich vor Lachen. Fäkalsprache off. Lobhymne on. Dieser Abend hatte ein wirklich starkes Line-up voller toller Beiträge. Aber Herr Schröder kriegt die 1+ mit Sternchen. Jede Pointe ein Treffer und davon ziemlich viele. Aufgrund einer aktuellen Beurlaubung hat Herr Schröder auch die Zeit und Muße, seinem Programm einen epischen Charakter zu verleihen: World of Lehrkraft – Ein Trauma geht in Erfüllung. Wer Bock drauf hat, aber gestern nicht da war, hier gibt’s ungefähr eine Million Termine , um sich das Programm live zu geben. Sehr empfehlenswert!
Ehrlich gesagt, Comedian Kristian Kokol war jetzt, wo ich drüber nachdenke, auch ein ziemlicher Kracher. Nur eben wieder völlig anders. Seine Zwitschergeschichten mit frech-verliebten Wellenfipsichen [sic!] kriegen eine 1+ mit Flügelchen. Oh, und er hat mich flugs daran erinnert, warum Kultfilme Pflichtprogramm sind – kam auf die Bühne und eröffnete seinen Part mit dem Zitat:
»Da müsste Musik sein!«
Ganze klare Anspielung auf Absolute Giganten , den ich vor ein paar Tagen erst gesehen habe, gerade noch rechtzeitig für Kokols kleine Referenz.
Die Sache mit dem Superlative, mal wieder
Einerseits hat der SpokenWordClub seinem Ruf als »bunteste Show Deutschlands« mit dem Saturday Night Special also alle Ehre gemacht. Andererseits gibt’s für das Ungleichgewicht im Line-up einen kleinen Punktabzug. Keine einzige Frau ist zu Wort gekommen! Da hilft’s auch nicht, dass die Musikerin Shanice Ruby Bennett als Bassistin in der Showband eingesprungen ist, was sie natürlich fantastisch gemacht hat! Die Mucke war durchweg spitze. Aber vergangenen Monat noch Scherze machen, dass Sängerin Makeda im Line-up »für die Frauenquote« da sei – und dann diese Mindest-Quote in der April-Auflage nicht erfüllen? Nö, Jungs. Einfach nö… aber naja… mit Ramona schmeißt ja immerhin ne hochkompetente Frau den halben Laden hinter den Kulissen.